Der
Eisenbahntransport von Personen durch die Schweiz während des Zweiten
Weltkriegs
Gilles
Forster
Untersuchungsgegenstand
der vorliegenden Studie sind einerseits die Frage, ob jüdische Deportierte
durch die Schweiz transportiert wurden, und anderseits der Transit italienischer
Arbeitskräfte nach Deutschland.
Als erstes stellt
die Studie fest, dass die Deportationszüge aus Frankreich das schweizerische
Eisenbahnnetz nicht benutzten. Von den insgesamt 43 Deportationszügen
aus Italien konnte in 40 Fällen die Route rekonstruiert werden: Sie
führte nicht durch die Schweiz. Für die drei übrigen Konvois
gibt es stichhaltige Argumente, dass sie die Alpen ebenfalls über
österreichische Pässe überquerten, welche eine direktere
Verbindung von Italien nach Polen darstellten. Die Brennerlinie war während
der Zeitspanne, in der die Deportationen stattfanden, betriebsfähig
und blieb von Bombardierungen verschont. Zudem war das politische Umfeld
für solche Transporte ungünstig: In der kritischen Zeit (Ende
1943 bis 1944) waren die schweizerischen Behörden strenger; sie verweigerten
seit Sommer 1943 den Transit italienischer Arbeiter durch die Schweiz.
Die Vermutung, dass es zu Deportationen durch die Schweiz kam, beruht
auf Gerüchten, die bis in die jüngste Zeit immer wieder aufkamen.
Zwischen 1941 und
Sommer 1943 reisten über 180 000 italienische Arbeiterinnen
und Arbeiter durch die Schweiz nach Deutschland. Als Staatsangehörige
einer der Achsenmächte können sie jedoch nicht als Zwangsarbeiter
betrachtet werden; ihr Status kann weder mit jenem der osteuropäischen
noch jenem der französischen, im Rahmen des Service du Travail
Obligatoire beschäftigten Arbeiter verglichen werden. Die italienischen
Arbeitskräfte kamen vor allem wegen der höheren Löhne nach
Deutschland. Allerdings war dort ihre Lage keineswegs befriedigend; sie
wurden diskriminiert und schlecht behandelt.
Die Studie untersucht
die eingereichten Transitgesuche. Die Achsenmächte betonten die politische
Bedeutung dieser Migration. Die eidgenössischen Behörden reagierten
zurückhaltend, da sie befürchteten, die Personentransporte hätten
militärischen Charakter. Der Sturz Mussolinis und der Einmarsch deutscher
Truppen in Nord- und Mittelitalien veränderten die Situation im Sommer
1943 grundsätzlich. Von nun an wurden in Italien Zwangsarbeiter rekrutiert.
Die Nachforschungen ergaben jedoch keine Hinweise, dass nach diesem Zeitpunkt
Züge mit italienischen Arbeitskräften die Schweiz durchquert
hätten.
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