UNABHÄNGIGE EXPERTENKOMMISSION
SCHWEIZ - ZWEITER WELTKRIEG
Die
Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg: Zwischenbericht
Die
Goldlieferungen der Reichsbank an Schweizer Geschäftsbanken hatten
vielschichtige Hintergründe
Bern/Zürich,
25.5.1998. Die Deutsche Reichsbank nahm in den Jahren 1940 und 1941 die
Dienste schweizerischer Geschäftsbanken für internationale Goldtransaktionen
intensiv in Anspruch. Ab Oktober 1941 lieferte die Reichsbank auf Ersuchen
der Schweizerischen Nationalbank das Gold nicht länger an die Geschäftsbanken,
sondern nur noch an das schweizerische Währungsinstitut.
Wie die Unabhängige Expertenkommission:
Schweiz - Zweiter Weltkrieg in ihrem soeben veröffentlichten Zwischenbericht
festhält, umfassten die Goldlieferungen der Reichsbank an Schweizer
Geschäftsbanken während des Kriegs insgesamt rund 50 Tonnen
Gold im Wert von 243,7 Millionen Schweizerfranken oder umgerechnet 56,3
Millionen Dollar. Solche physischen Transfers der Reichsbank an die privaten
Bankhäuser in der Schweiz fanden bis Oktober 1941 statt. Zu jenem
Zeitpunkt ersuchte die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Reichsbank,
das Gold nur noch an das schweizerische Währungsinstitut zu liefern.
Mit dem in die Schweiz gelieferten Gold
erwarb die Reichsbank in grossem Umfang portugiesische Escudos, welche
sich schweizerische Geschäftsbanken in Portugal gegen Franken beschafften.
Diese löste der Banco de Portugal bei der SNB in Gold ein. Nach der
Sperre der schweizerischen Vermögen in den USA im Juni 1941 griff
die SNB in den komplizierten Zahlungskreislauf ein, der sich zwischen
der Reichsbank und Portugal abspielte und welcher der Versorgung NS-Deutschlands
mit kriegswichtigen Rohstoffen diente.
Nach der Intervention der SNB blieben die
schweizerischen Geschäftsbanken weiterhin im Devisenhandel mit der
Reichsbank aktiv. Ausserdem sind auch für die Zeit nach 1942 vereinzelte
Goldeinfuhren aus Deutschland an schweizerische Geschäftsbanken belegt.
Die geschäftlichen Hintergründe
der Goldoperationen zwischen der Reichsbank und den Geschäftsbanken
müssen im Einzelfall näher abgeklärt werden. So geht aus
verschiedenen Quellen hervor, dass es sich bei rund drei Fünfteln
der Lieferungen aus Berlin um Gold sowjetischer Herkunft handelte, das
teilweise für die Bezahlung amerikanischer und schweizerischer Warenlieferungen
an die Sowjetunion verwendet wurde. Im Zuge der laufenden Forschung wird
die Kommission diese Vorgänge in ihrem historischen Zusammenhang
näher untersuchen.
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